Grundlagen der Haftung
Grundsätzlich ergeben sich zwei nebeneinander stehende Haftungsgrundlagen. Zum einen ergeben sich Pflichten aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Trainer, Veranstalter, Betreiber und den Teilnehmern. Zum anderen kann sich Haftung auch aus „Delikt“ gegenüber Dritten ohne vertragliche Bindung ergeben, bzw. die Haftung gegenüber Vertragspartnern verstärken oder ergänzen.
Im Falle eines Falles muss jeder Trainer mit strafrechtlichen Konsequenzen für sein Tun oder Unterlassen rechnen. Hierbei dürften vordergründig Köperverletzungs- und Tötungs- Tatbestände, aber auch Vorwürfe wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung eine Rolle spielen. Eine entsprechende Verurteilung führt regelmäßig zu einer Vorentscheidung für weitergehende zivilrechtliche Ansprüche. (präjudizierende Wirkung des Strafrechtes)
Diese zivilrechtlichen Ansprüche treffen alle freiberuflich oder selbstständig arbeitende Trainer. Hierbei geht es immer um Ausgleich des entstandenen Schadens in Geld. Im Gegensatz zum Strafrecht ist hier auch eine Teilschuld zusammen mit Anderen und das Mitverschulden des Geschädigten möglich. Das bedeutet, dass die Gesamtschadensumme auch zwischen mehreren Beteiligten aufgeteilt werden kann, bzw. bei einem Mitverschulden des Geschädigten entsprechend gekürzt wird.
Neben dem Geschädigten (und seinen gesetzlichen Vertretern) können auch Andere Forderungen geltend machen. Insbesondere Arbeitgeber (für die Lohnfortzahlung), Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und Rentenversicherer (für Behandlungskosten, Rehabilitationskosten und Rentenzahlungen) stellen die ihnen entstandenen Kosten teilweise mit großer Verzögerung dem Schädiger in Rechnung.
In der Praxis werden Schadenersatzansprüche in der Regel gegenüber einem Beteiligten gesamtschuldnerisch geltend gemacht. Das bedeutet, dass die komplette Schadensumme bei einem Beteiligten eingefordert wird und dieser dann je nach Mitverschulden entsprechend die Anderen an der Schadensumme beteiligt.
Zumeist wird die Schadensumme von der Haftpflichtversicherung des – sofern vorhanden – Betreibers und/oder des Veranstalters gezahlt. Dieser nimmt dann den Trainer für sein Verschulden in Regress.
Gefährdungseinschätzung
Für die konkrete Haftung des Trainers muss es zu einer Verletzung seiner Pflichten durch Tun oder Unterlassen gekommen sein. Hierbei sind folgende Faktoren zur Einschätzung der Intensität der jeweiligen Verpflichtung besonders bedeutsam und müssen nachweisbar im Vorhinein berücksichtigt werden (Gefährdungseinschätzung).
Einsichtsfähigkeit der Teilnehmer
Hier wird insbesondere berücksichtigt, ob der Teilnehmer in der Lage ist, die Situation und die Anweisungen des Trainers zu verstehen und umzusetzen. Hierbei sind Alter, intellektuelle Fähigkeiten aber auch Vorerfahrungen der Teilnehmer zu berücksichtigen. Maßgeblich ist dabei der sogenannte Empfängerhorizont. Es ist also nicht wichtig, was man gesagt hat, sondern das, was verstanden werden konnte.
Modell des Wissensstärkeren
Durch seine Ausbildung und Erfahrung ist der Trainer grundsätzlich viel besser als der Teilnehmer mit möglichen Konsequenzen der ausgeübten Tätigkeiten vertraut.
Gerade hieraus können sich haftungsverstärkende Argumente gerade beim Unterlassen ergeben. Dies gilt insbesondere auch bei Personen, mit denen keine vertragliche Beziehung besteht
Garantenstellung aus Vertrag
Ergänzend zu dem Modell des Wissensstärkeren verantwortet der Trainer gegenüber seinem „Kunden“ auch die konkrete Situation, in die er durch die jeweilige Übung gerät. Grundsatz „Du hast mich in Gefahr gebracht und holst mich hier auch wieder raus!“
Praxis in den vergleichbaren Geschäftskreisen
Maßgeblich sind die branchenüblichen Sicherheitsstandards und Normen in ihrer jeweils aktuellen Ausprägung. Ein Beharren auf zum Ausbildungszeitpunkt des Trainers gültige, aber zwischenzeitlich veraltete Sicherheitsstandards ist nicht zulässig. Jede unterlassene Fortbildung oder Wiederholungsübung bedeutet automatisch eine höhere Wahrscheinlichkeit bei entsprechender Kausalität mit dem Schadenereignis haftbar gemacht zu werden.
Die konkreten Pflichten
Im Einzelnen ergeben sich folgende Pflichten, deren Verletzung Haftung verursachen kann:
Informationspflicht
Der Teilnehmer ist umfassend über die Anlage / Geländebesonderheiten und die Verhaltensregeln zu informieren.
Empfehlungspflicht
Dem Teilnehmer – auch ungefragt – eine für ihn geeignete Übung zu empfehlen, bzw. von ungeeigneten Übungen abzuraten. Hierzu zählt auch die Entscheidung über die generelle Teilnahmefähigkeit.
Instruktionspflicht
Der Teilnehmer ist in die (Trainings-) Abläufe und Sicherheitsvorschriften vollständig zu unterweisen. Der Lernerfolg ist zu kontrollieren.
Aufsichtspflicht
Den Trainer hat die Teilnehmer ihrem Alter und Ihrer Einsichtsfähigkeit entsprechend zu beaufsichtigen und selber über die notwendige Intensität seiner Eingriffsmöglichkeit zu entscheiden.
Die Aufsichtspflicht endet nicht automatisch mit dem 18. Lebensjahr!
Interventionspflicht
Beobachtet der Trainer eine Situation, von der er aufgrund Ausbildung und Erfahrung wissen muss, dass Sie eine erhöhte Gefährdung bedeutet, muss er aktiv einschreiten. Dies kann dazu führen, dass er die Aktivität auch ganz abbrechen muss, auch wenn dies den Interessen von Veranstalter, Betreiber, Auftraggeber und / oder Teilnehmer zuwider läuft.
Nebenpflichten durch eigene Erkenntnisse
Sind dem Trainer Umstände bekannt, dass es im Bereich der Anlage oder aufgrund organisatorischer Mängel zu Schäden kommen kann, hat er darauf hin zu weisen. Auch wenn es sich um originäre Risiken des Betreibers und des Veranstalters handelt
Der Verschuldensgrad
Neben der eigentlichen (objektiven) Pflichtverletzung ist auch der Verschuldensgrad für die Bewertung des tatsächlichen Anteils des Mitverschuldens und damit an der Schadensumme maßgeblich.
Relevant sind hierbei 3 Fallgruppen (zur Erläuterung mit Beispielen aus dem Straßenverkehr).
Fahrlässigkeit
Die erforderliche Sorgfalt wird durch die „übliche“ Sorgfalt ersetzt (in der geschlossen Ortschaft mit 60 km/h statt der erlaubten 50 km/h fahren). Hier helfen zumeist auch noch Haftungsbeschränkungen aus den AGB der Kletterhalle.
Grobe Fahrlässigkeit
Die erforderliche Sorgfalt wird in erheblichen Maße nicht berücksichtigt (in der geschlossen Ortschaft mit 100 km/h statt der erlaubten 50 km/h fahren). Hier sind Haftungsbeschränkungen aus den AGB der Kletterhalle regelmäßig unwirksam.
Gerade für gut ausgebildete Trainer ist der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit sehr schnell erreicht.
Vorsatz
Neben dem direkten Vorsatz (mit Wissen und/oder Wollen etwas Tun), ist der bedingte Vorsatz in der Praxis sehr schnell erreicht (es nicht gewusst und gewollt haben, aber billigend in Kauf nehmen). Hierzu zählen alle Situationen, in denen der Trainer das „Unglück“ hat kommen sehen und nicht aktiv wurde.
Der Versicherungsschutz
Wer benötigt eine Haftpflichtversicherung?
Selbstständige oder freiberufliche Trainer benötigen immer einen eigenen Versicherungsschutz in Form einer Berufs- oder Betriebshaftpflichtversicherung.
Eine Mitversicherung im Rahmen entsprechender Verträge der Betreiber oder Veranstalter umfasst grundsätzlich nur die Möglichkeit für diese, Selbstständige oder Freiberufler mit der Durchführung zu beauftragen. Die persönliche Haftpflicht des beauftragen Selbstständigen/Freiberufler ist zumeist nicht enthalten. Selbst in den seltenen Fällen, wo dies der Fall ist, umfasst der Versicherungsschutz nicht alle möglichen Haftungsansprüche, da sie regelmäßig auftragsbezogen ausgelegt werden.
Welche Versicherungssumme ist angemessen?
Grundsätzlich sollten Trainer eine Versicherungssumme von 3.000.000 € für Personen- und Sachschäden wählen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Trainer alleine die Verantwortung für Gruppen übernimmt, oder ohne externen Veranstalter Kurse anbietet. Je nach Teilnehmerkreis (insbesondere einkommensstarke Teilnehmer) kann auch eine Versicherungssumme von 5.000.000 € sinnvoll sein.
Sofern Trainer nur für andere Träger / Betreiber / Veranstalter arbeiten, kann derzeit eine Versicherungssumme von 2.000.000 € als ausreichend angesehen werden.
Welcher Versicherungsumfang wird empfohlen?
In jedem Falle sollten die tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten in dem Versicherungsschein ausdrücklich erwähnt werden. Hierbei sind möglichst umfassende Oberbegriffe zu bevorzugen und sollten auch branchen- und betriebsübliche Nebenrisiken mit eingeschlossen werden. Der Versicherungsschutz umfasst immer auch die Abwehr unberechtigter Ansprüche (passiver Rechtsschutz) und die Prüfung der Haftung dem Grund und der Höhe nach. Hierzu zählt auch die Auseinandersetzung vor Gericht. Nicht versichert ist jedoch die Verteidigung bei strafrechtlichen Vorwürfen. Hier empfiehlt sich der Abschluss einer Spezial-Straf-Rechtsschutz-Versicherung.
Wie verhält man sich im Schadenfall?
Im Falle eines Schadenereignisses muss der Versicherer direkt nach Erhebung erster Ansprüche informiert werden. Im eigenen Interesse sollte eine Meldung bereits vorsorglich erfolgen, wenn mit späteren Ansprüchen gerade von Krankenkassen und/oder Sozialversicherungsträgern zu rechnen ist. Eine frühzeitige Dokumentation des Geschehens erleichtert später die Abwicklung erheblich. Auch sollte auf eine direkte Konfrontationshaltung gegenüber dem Anspruchsteller verzichtet werden. Auf der anderen Seite aber auch jegliches Schuldanerkenntnis. Optimal wäre es, gegebenenfalls sein Bedauern zu dem Vorfall zu äußern, aber ansonsten auf den Versicherer zu verweisen.
Haben Sie noch offene Fragen?
Ihre Fragen rund um Ihre Arbeit als Trainer und den Versicherungsschutz, beantworten wir gerne auch in unserem Trainerforum